Geschichte zum Lesen
Kurz vor Kriegsende, am 11.04.1945, erlebte Langenbrand vormittags gegen 10:30 Uhr den schwersten Angriff des 2. Weltkrieges. Dem Ereignis war ein feindlicher Fliegerangriff vorausgegangen, der auf die „Wahnsinnsfahrt“ eines führenden NSDAP-Mitglieds von Forbach nach Langenbrand zurückzuführen ist. Trotz bereits gegebenem Fliegeralarm hatte es der damalige Kantinenwirt des Holtzmannwerks Wolfsheck noch gewagt, auf der Murgtalstraße nach Langenbrand Richtung Holtzmann Werk Breitwies zu fahren. Dabei zog er die Aufmerksamkeit der angreifenden Jagdbomber auf sich. Diese folgten dem einsam auf der leeren Landstraße dahinfahrenden Fahrzeug und nahmen es nach seiner Ankunft am Steinplatz unter Beschuss. Dabei haben sie dann einen, unterhalb der Kirche im Schatten einer großen Trockenbau-Stützmauer beim Haus Alte Straße 27, abgestellten Munitionstransporter erwischt. Eine Militärabteilung, die sich seit längerer Zeit in Langenbrand aufhielt, hatte den Lastwagen, der mit 80 Zentner Tellerminen beladen war, dort an der Mauer unterhalb des Pfarrhauses abgestellt, ohne dass die Bevölkerung über die Ladung Bescheid wusste. Mit der Munition sollte tags darauf die Eisenbahnbrücke gesprengt werden. Die Tiefflieger richteten nun im neuen Anflug ihre Bordkanonen auf den Lastwagen, bis er in einer gewaltigen Explosion in die Luft flog.
Die Druckwelle der nachfolgenden Detonation machte die Umgebung dem Erdboden gleich. Als der Staub die Sicht wieder freigab, waren drei Häuser völlig zerstört. Ungefähr zwanzig Häuser im weiteren Umkreis brannten nieder oder trugen sonstige schwere Schäden davon. Die Stützmauer wurde auf einer Länge von zehn Meter förmlich pulverisiert. Nur die entfernter gelegenen Häuser im Oberdorf kamen davon, sonst hatte jedes Haus mindestens Ziegel- oder Glasschäden. So wurden auch die Kirche und das Pfarrhaus schwer in Mitleidenschaft gezogen. Alle Kirchenfenster waren zerborsten und die Kirchenuhr mit völlig verbogenen Zeigern blieb zur Uhrzeit des Unglücks stehen.
Ein Mann war sofort tot und ein anderer konnte sich noch in den Schutz einer Hauswand retten. Er verlor durch einige Treffer aber einen Fuß. In den Trümmern fand Frau Agnes Klumpp den Tod. Viele Personen waren verletzt, einige von ihnen mussten ins Krankenhaus. 25 Familien mit ungefähr 150 Personen waren zunächst obdachlos. Viele Evakuierte – die meisten waren aus Gaggenau zugewiesen worden – die ebenfalls in den beschädigten Häusern untergebracht waren, verließen nach dem Angriff das schwer zerstörte Dorf.
Das Ereignis hat sich als örtlicher „Schlussknall des Zweiten Weltkriegs“ tief in die Erinnerung der Dorfbewohner eingegraben. Seine Spuren sind teilweise heute noch zu sehen. Zu erkennen sind Granitsteine, die mit deutlich neueren Methoden zugehauen wurden, die man später in die historische Stützmauer entlang der „Laimegass“ einfügte, um das entstandene Loch zu schließen. Die geringe Zahl von Toten und Verletzten im Ort verdankte sich allein dem Umstand, dass zum Unglückszeitpunkt viele der männlichen Einwohner noch als Soldaten an den Fronten des Krieges kämpften. Viele Frauen waren um die Zeit teils auf den Feldern mit der Kartoffelsaat beschäftigt, teils auch im Schutze ihrer Häuser mit der Vorbereitung des Mittagessens für die verbliebenen Angehörigen.
Viele Leute behaupteten, der Angriff wäre deshalb aufgrund von „Verrat“ geflogen worden. Andere meinten, der Munitionskraftwagen wäre eher ein zufälliges Ziel gewesen.
Auf Nachfrage bei unserer Zeitzeugin Rita Walter * 1933 wusste sie zu berichten: „Ja, daran kann ich mich noch gut erinnern. Ich war mit meiner „Momme“ (Mutter) und Tante beim „Schernrück zum Grumbarn (Kartoffeln)“ setze. Die „Jabos“ (Jagdbomber) kamen um ca. 10:30 Uhr tief über den Berg hergeflogen. Wir haben unter dem Apfelbaum Schutz gesucht. Ich hatte ein rotes Schurzkleid an und meine Momme ist über mich gelegen und hat mich geschützt, damit die Flieger uns nicht sehen konnten. Wir haben uns alle so gefürchtet. Auf einmal habe es im Dorf eine ganz laute Explosion gegeben und alles war verraucht. Sie seien sogleich ins Dorf. Alles sei vernebelt und zerstört gewesen. Sie haben in der Nähe der Unglücksstelle am jetzigen Parkplatz beim Steinplatz gewohnt. Das Haus welches damals 1962 abgerissen wurde. Am Haus war viel zerstört, sogar der Küchenboden vom 2. Stockwerk sei eingestürzt gewesen. Es war nicht mehr bewohnbar. Erst am 28.09.1945 konnte die Familie wieder ins Haus einziehen“.
Ida Schoch * 1936 konnte sich auch noch gut erinnern,: „Sowas vergisst man nicht“, meinte sie. Sie sei mit ihrer Momme beim Grumbarn setze beim „Eichacker“ gewesen. Die Flieger kamen von Weisenbach über die „Hohe Schaar“ her ganz tief geflogen. Sie haben die „Grumbar-Zaine (Kartoffelkorb)“ auf der Mauer abgestellt und hinter der Mauer Schutz gesucht. Es wäre ganz viel Dreck auf sie geflogen. Sie habe vor Angst gebibbert (gezittert). Ihre Momme hat sie ganz festhalten müssen, damit sie nicht vor Angst davonrennt. Danach haben sie 45 Munitionshülsen auf dem Grundstück gefunden. Jetzt wussten sie auch, woher der angeflogene Dreck kam. Die Flieger haben auf sie geschossen. Sie hatten wirklich Glück gehabt, dass nichts passiert sei. Und dann hätte es ganz laut geknallt,“geduht und gmacht“ und es habe im Dorf gebrannt.
Später erzählte eine Frau im Dorf, sie sei an der „Hostig“ (oberhalb der Kirche) beim „Grumbarnsetzen“ (Kartoffel einpflanzen) gewesen. Die „Jabos“ seien so tief über Langenbrand geflogen, dass sie die Männer im Flieger gesehen habe.
Der Zeitzeuge Herbert Gerstner, er war damals 10 Jahre alt und ist mittlerweile leider verstorben, erzählte, dass er den „Jabo“ gesehen habe, wie er über die „Hohe Schaar“ einflog. Dann hat es auf einmal fürchterlich geknallt.
Weiter wurde aus mündlicher Überlieferung erzählt, dass zum Zeitpunkt des Fliegerangriffs viele Anwohner von Langenbrand im Luftschutzkeller im Gasthaus Ochsen und im Stollen (Station 18) Schutz gesucht haben. Eine Zeitzeugin erinnert sich, dass sie in der Nähe vom Ochsen als kleines Kind mit ihrem Opa in den Keller geflüchtet sei. Von der Druckwelle wurde die Kellertür eingedrückt. Sämtliche Häuser hatten Schäden, besonders an herabfallende Ziegel auf den Straßen und zerborstene Fensterscheiben konnte sie sich erinnern. Am Steinplatz sei alles zerstört gewesen.