Geschichte zum Lesen
Das Dorf soll früher acht Brunnen gehabt haben, heute sind es nur noch sechs. Doch wie kam das Wasser in die Brunnen? Nahegelegene, beständige Quellen wurden gefasst und das Wasser in Holzleitungen zu den einzelnen Brunnen geführt. Da die hölzernen Rohrleitungen verhältnismäßig schnell undicht oder morsch wurden, geschah es leicht, dass entweder Wasser auslief oder gar verschmutzt wurde. So regte 1885 das Bezirksamt Rastatt an, eine moderne Wasserleitung zu errichten. Dieser Vorschlag stieß beim Gemeinderat nicht gerade auf Gegenliebe. Warum sollte man viel Geld ausgeben, nur damit die Frauen kein Wasser mehr tragen mussten, sondern in der Küche nur den Wasserhahn aufzudrehen brauchten? Doch das Amt drängte, denn leicht könnten Krankheitserreger durch die Zuleitung in das Trinkwasser gelangen. So wurde 1907 mit dem Bau der Trinkwasserleitung begonnen.
Aus mündlicher Überlieferung von Alfons Bauer (*1928) wurde berichtet, dass früher auf dem Rückweg von einer „Faad Mischt“ (Ladung Mist) fahren, immer die Kühe auf dem Rückweg am Brunnen getränkt wurden. So wurden die Kühe vom „Ewwerdorf“ (Oberdorf) über die „Ewwerdorfstraße“ „nah“ (hinunter) zur Deckung zum Hummelstall gebracht. Oftmals mussten dies auch die „Botscha“ (Buben) der Familien erledigen. Manche Kuh war störrisch und nahm da Reißaus, da gab es daheim vom Vadder (Vater) nur wieder ein paar auf die Letsche (Ohren). Zum „Zaine“ (Körbe) machen wurde vom Vadder (Vater) die „Bonn“ (Weidebündel) im Brunnen für die weitere Verarbeitung gewässert und geschmeidig gemacht. Die Bonn wurde oft bei den „Murre-Wiese“ (Murgwiesen) geschnitten. „Moscht – und Wiifässer“ (Most- und Weinfässer) wurden am Brunnen geputzt. Das war praktisch, weil auch hier noch im Garten gegenüber dem Brunnen eine kleine Mosttrotte für die Ewwerdorfer stand.
Im trockenen Jahr 1971 war die Quellwasserversorgung gefährdet, so dass das Autowaschen und Spritzen des Gartens verboten werden musste. Bis heute werden unsere Brunnen zum Bewässern von Blumen und Gärten genutzt.
Im Monat Mai zieren im ganzen Dorf Maibäume die Brunnen. Gerade am Oberdorfbrunnen trifft sich bis heute Jung und Alt aus der Nachbarschaft, um den Maibaum in geselliger Runde zu schmücken und aufzustellen.
1961 wurde die Brunnenstraße neu angelegt und im Jahr 1962 die am Brunnen abzweigende Sägmühlstraße ausgebaut. 1966 wurde der Bau des Kastanienweges umgesetzt. Dadurch entstand im Bereich des Oberdorfplatzes eine unübersichtliche Kreuzung. Um eine Verbesserung der Sichtverhältnisse zu schaffen, wurde mit dem Eigentümer eines sich dort befindlichen Holzschopfes ein Tausch eines Teilgrundstückes vorgenommen. Der bisherige Holzschopf wurde an der Straßenkreuzung entfernt und auf einem von der Gemeinde überlassenen kleinen Grundstück wieder aufgebaut.
Im Jahr 2001 wurde der Platz in einer fünfmonatigen Bauzeit mit einem neuen Brunnen und kreisförmigem Pflaster neugestaltet. Die Wellenform des Betonpflasters steht dabei symbolhaft für das lebensnotwendige Element Wasser. Im Juli 2001 wurde der neu gestaltete Platz mit einem kleinen Richtfest offiziell eingeweiht. Seitdem trägt er bei der Bevölkerung den Namen „Roter Platz“, was auf die Farbe der Pflastersteine zurückzuführen ist.
Gerade beim Wasser „schleife und ketsche“ (tragen) gelten die Brunnen heute noch als Treffpunkt der umliegenden Bewohner. Hierbei wird heute wie auch früher noch viel „dischgeriert“ (diskutiert), „gschwätzt“ (geredet) und „gschlappt“ (erzählt).
Auch hier wurde wegen dem coronabedingten Fasentausfall im Jahr 2022 ein Narrenbaum gestellt. Der „Ewwerdorfbrunnen“ galt schon immer als Treffpunkt aller Generationen.